Zauberkunst in der Pädagogik

„Was immer du tun kannst oder wovon du träumst – fang damit an. Mut hat Genie, Kraft und Zauber in sich.“

Johann Wolfgang von Goethe

Jeder kennt die Zauberkunst und das damit einhergehende Staunen über Phänomene, die nicht erklärbar sind. Bei guten Zauberkunstvorstellungen geht man erfüllt und grübelnd nach Hause und ein Flair von Bewunderung dem Zauberkünstler gegenüber bleibt zurück.
Die Zauberkunst hat mich schon immer begeistert und fasziniert. Im Jahr 2000 wurde ich Mitglied im Magischen Zirkel von Deutschland (MZvD) und legte eine theoretische und eine praktische Prüfung ab, die zur Aufnahme in diese Vereinigung führte.

Warum Zauberkunst mit Kindern?
• In der Zauberkunst sind Dinge verwandelbar. Auch solche, von denen man es nicht glaubt
• Es ist eine höchst kreative Kunst
• Zaubertricks zu beherrschen schafft Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl
• Das Reimen und Aufschreiben von Zaubersprüchen macht Kindern Spaß. Sogar dann, wenn sie schwerste Legastheniker sind
• Kinder können sich voller Begeisterung in Übungsprozesse begeben
• Es gibt Zauberregeln
• Mit dem Zauberstab können Kinder ihre Ängste und Sorgen verwandeln. Z. B. von „es geht nicht“ in „es geht“
Es gäbe noch viel mehr Dinge aufzuzählen.

Wer zaubert, lernt
• Dinge zu verwandeln (Verschwinden und Erscheinen)
• Geheimnisse für sich zu behalten
• mit anderen Menschen kommunizieren (Zauberkunst lebt vom Umgang mit anderen Menschen)
• sich sprachlich auszudrücken (verständlich, laut und deutlich zu sprechen)
• sich Vorgänge zu merken
• Grobmotorik und Feinmotorik (Basteln von Tricks, Vorführen von Tricks)
• Regeln (Zauberregeln, z.B.: So lange üben, bis ein Kunststück wirklich gelingt).

Beispiel:
Ein Junge von etwa 9 Jahren hatte große motorische Schwierigkeiten, konnte kaum lesen oder schreiben und entschuldigte sich gleich in der ersten Stunde bei mir dafür, dass er ziemlich schlecht wäre in all diesen Sachen.
Ich erklärte ihm nach einem Kennenlernen die Zauberregeln. Dazu gehört auch diejenige, niemals zu sagen „ich kann das nicht“ oder „es geht nicht“. Ein Zauberkünstler glaubt an sich und seine Fähigkeiten. Dazu gibt es auch einen Zauberumhang und einen Zauberhut. Den Stab bastelt sich jedes Kind selber – das Werkzeug, mit dem es verwandeln kann.
Es zeigte sich, dass dieser Junge eine große Begabung im Reimen hatte. Er lernte auch schnell auswendig. Also erfanden wir viele Zaubersprüche, die dann mit Goldstiften in ein Zauberbuch geschrieben wurden. Weil er alles gerne schön schreiben wollte, war es selbstverständlich, dass das Schreiben und die Schrift zuvor geübt wurden. Er wollte dies sogar. Seine anfängliche Ungeschicklichkeit wich einem kontinuierlichen Übungsprozess, der ihn zu schönen Erfolgen führte. Sein Selbstwertgefühl wuchs kräftig, weil er nun verblüffende Tricks vorführen konnte, die ihm Bewunderung einbrachten.
Nicht alle Kinder wollen Zaubern lernen. Aber für diejenigen, die sich dafür begeistern lassen, ist es ein unglaublich positives Übungsfeld.

Zauberkunst kann Kindern mit folgenden Problemen helfen:
• Lernprobleme aller Art
• Traumata
• Blockaden
• Versagensängsten
• Körperliche Behinderungen
• Schwere Krankheiten (Klinikaufenthalt)
• Beziehungsprobleme z.B. mit einem Elternteil oder anderen Bezugspersonen
• Zaubern in der Familientherapie
• Feinmotorik
• Sprache
• Kreativität
• Gedächtnistraining
• Konzentration
• Aufmerksamkeit (bei überdrehten, ADHS-Kindern)

Erst dann, wenn sich ein Kind im Lernprozess mit Begeisterung der Sache widmen kann, gibt es die größten Lernerfolge. Eine emotionale Beteiligung am Lernprozess ermöglicht ein wesentlich nachhaltigeres Lernen.

Weiterführende Literatur:
• Annalisa Neumeyer: Einführung in das therapeutische zaubern, Carl-Auer Verlag GmbH
• Annalisa Neumeyer: Mit Feengeist und Zauberpuste, Lambertus-Verlag
• Annalisa Neumeyer: Die Angst vergeht, der Zauber bleibt, Mabuse-Verlag
• Annalisa Neumeyer: Wie Zaubern Kindern hilft, Klett-Cotta

• Heike Busse: Zauberhaftes Lernen, ein pädagogischer Leitfaden für das Zaubern mit Kindern, Verlag Borgmann Publishing

Noch immer bin ich meinem Zauberkunstlehrer dankbar, der mich kontinuierlich und in vielen Sparten der Zauberkunst unterrichtet hat. Sein Name ist Christian Wiedemann und der Künstlername lautet WIDANO!